Die Abschlussprüfung

 

Im September 1985 bin 22 Jahre alt, hoch schwanger und habe meine praktische Abschlussprüfung als Kindergärtnerin. Hinzu kommen einige Lehrkräfte, um sich anzusehen, wie ich mit den Kindern umgehe. Sie erwarten die Darstellung einer Beschäftigungsstunde und haben mir das Thema „Gesellschaft“ ausgewählt. Na Prima! Ich überlege, was ich den Kindern unter dem Prüfungsstress am überzeugendsten beibringen kann und entscheide mich dafür, dass sie die DDR Fahne beschreiben und anschließend aufmalen sollen. Ich denke, dass das was Handfestes sei, da könne nichts schief gehen. Zunächst läuft auch alles prima. Die Kinder benennen munter die Farben der Fahne. Das reicht mir nicht und ich komme das erste Mal ins Schwitzen, weil sich niemand an das Emblem in der Mitte erinnert. 1985 ist es ja ein entscheidender Unterschied, ob schwarz rot gold mit oder schwarz rot gold ohne Emblem mit Hammer, Zirkel und Ehrenkranz. Ich quäle mich, gebe unterstützende Erläuterungen. Dann meldet sich wie immer „Klein Fritzchen“ und sagt: „ Ach ja, da war ja noch so ein Problem.“ Oh Gott. Das hab ich wirklich nicht verdient. Ein Problem auf der DDR Fahne. Die Prüfer schauen finster drein. Ich werde unsicher und unruhig, frage mich, ob die Gören mich ärgern wollen. 100 Mal haben wir darüber gesprochen und jetzt… ein Problem auf der DDR Fahne. Nun bin ich bestimmt durchgefallen. So versuche ich das Problem wegzulächeln, erkläre, das das Problem ein Emblem ist und alles wird gut. Ich bekomme eine 2.